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Eisenbahn ab Epoche 1 :

 

Einführende Seiten :
Trassierung früher Eisenbahnen

Das umfangreiche Kernthema :
   Landkarten und Hinweise zur
   Geschichte der Bahnstrecken

Ausgewählte Strecken :
   Die Schwarzwaldbahn, warum
          durch diese Täler?

 

      Eine oft gehörte Behauptung
      Mögliche Pässe
      Probleme der Alternatvstrecken
      Bewertung der Alternativen
      Zusammenfassung

   Fernbahnen im Südwesten-
         Es kam anders
Beispiele für Bahnreisen :
      in der Anfangszeit :
   Fernreise im Jahr 1860

 

Eisenbahn ab Epoche 2

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Warum wurde die Schwarzwaldbahn gerade durch die schwierigen Täler bei Triberg gebaut?

Die Schwarzwaldbahn, die in Offenburg von der ersten badischen Eisenbahn Karlsruhe- Basel in Richtung Südosten abzweigt, gilt als eine der ältesten Gebirgsstrecken. Obwohl der Schwarzwald nicht als Gebirge gilt, sondern zu den Mittelgebirgen zählt, war die in den Jahren 1866 bis 1873 gebaute Schwarzwaldbahn mit ihren Kehren tatsächlich Vorbild für Alpenbahnen, insbesondere für die Gotthardbahn.

Es wundert nicht, dass die Schwarzwaldbahn Thema vieler Veröffentlichungen ist. Hier soll keine weitere Beschreibung der Strecke und ihrer Umgebung gebracht werden. Vielmehr soll ein Aspekt herausgegriffen werden, nämlich warum die Überquerung des Schwarzwaldes gerade bei Triberg erfolgte. Sicher sind viele der hier gebrachten Aspekte nicht neu. Weil ich mich aber, verteilt über viele Jahre, immer wieder mit dem Thema der Trassierung beschäftigt habe, möchte ich es hier nicht auslassen.

Eine oft gehörte Behauptung

Oft liest man, oder bekommt in Fernseh- Dokumentationen zu hören, man hätte damals nur deswegen die Gebirgsstrecke bauen müssen, weil sie auf badischem Staatsgebiet verlaufen musste. Über württembergisches Gebiet, nur wenige Kilometer weiter östlich, wäre alles viel einfacher geworden. Ich werde das Gefühl nicht los: Das hat einer geschrieben, der diesen Patriotismus als Vorbild herausstellen wollte. Und alle anderen Berichterstatter haben es abgeschrieben, ohne auf Landkarten oder direkt in der Landschaft nachzuprüfen, ob das überhaupt stimmt.

Ich bin mit dem Fahrrad in den für die Alternativstrecken infrage kommenden Gegenden unterwegs gewesen. Als Radfahrer entwickelt man notgedrungen ein gutes Gespür für Steilheit und Höhenunterschied. Auch lernt man, diesbezüglich Landkarten zu lesen. Während meines Elektro- Studiums ging ich ein wenig fremd, nämlich zu den Bauingenieuren. Auch meine Diplomarbeit war eine Elektronikanwendung für Bauingenieure. Dort hatte es mir der Straßenbau angetan - Eisenbahnbau gab es ja nicht mehr. Beides habe ich also immer aus Sicht des Ingenieurs beobachtet.
 

Bild 1 : Jetziger Zustand der Bahnlinien im mittleren Teil des Schwarzwaldes.

Randbemerkung 1: Seilwinde statt Serpentinen

In der Zeit der Planung der Schwarzwaldbahn wurde immer noch diskutiert, ob es nicht insgesamt billiger wäre, mit Lokomotiven nur soweit zu fahren, wie es ohne nennenswerte Steigungen und Umwege zu bauen war. Dann sollte der Höhenunterschied in einer kurzen, geraden Steilstrecke überwunden werden, indem die Wagen von einer stationären Dampfseilwinde hochgezogen werden. Dafür hätte sich eine Strecke von Schramberg nach Hardt in der Tat angeboten. Wenn sie eben nicht im Ausland Württemberg gelegen hätte. Da hat uns die Kleinstaaterei also einen Dienst erwiesen, denn diese Seilwinde hätte keine Zukunft gehabt.


Bild 2: Einige denkbare Trassen im mittleren Schwarzwald und weitere Phantasieprodukte. Details zu den rechts oben gezeichneten Strecken Richtung Neckar und Stuttgart, und zu der links unten eingetragenen Trasse durch das Elztal nach Freiburg in der folgenden Randbemerkung.

Bild 1 zeigt einen Kartenausschnitt des mittleren Schwarzwalds. Die Schwarzwaldbahn kommt links oben von Offenburg über Gengenbach das flache Kinzigtal hinauf. Auch der nach Osten abknickende Teil des Tales ist noch relativ breit und flach. Hinter Hausach biegt die Schwarzwaldbahn nach Süden in das etwas steilere Gutachtal ab. Die später gebaute Strecke durch das obere Kinzigtal über Wolfach, Schiltach und Alpirsbach führt nach Freudenstadt. Von Schiltach gab es einmal eine Stichbahn nach Schramberg.

Das Gutachtal wird südlich von Hornberg so steil, dass die Bahn den Talgrund verlassen und kehrt machen muss. Bis zum Sommerau- Tunnel vor St.Georgen musste die Streckenlänge gegenüber der Luftlinie fast verdoppelt werden. Rechts auf Bild 1 sieht man die Neckartalstrecke, die über Rottweil und Tuttlingen etwa 40km weiter südlich in die Schwarzwaldbahn mündet. Die rechts unten angeschnittene Strecke ist die von Rottweil nach Villingen.
 

Mögliche Pässe

In Bild 1 habe ich die Wasserscheiden Rhein- Neckar und Rhein- Donau zwischen Freudenstadt im Norden und dem Sommerau- Tunnel (S)im Süden markiert. Der tiefste Punkt liegt östlich von Alpirsbach in der Nähe von Betzweiler. (B) Ein Tunnel vergleichbarer Länge wie der Sommerau- Tunnel würde hier auf etwa 600m über Meeresspiegel liegen, also etwa 200 Meter niedriger.

Einige Kilometer weiter südlich bei Rötenberg (R) wäre die nächste Möglichkeit. Weil die Täler aber weiter auseinander liegen und nicht so tief eingeschnitten sind, wäre hier ein fast tunnelloser Übergang auf ca. 670m üNN. denkbar. Dann steigt die Wasserscheide stetig an: Östlich von Schramberg bei Sulgen- Löchle (L) müsste der Tunnel etwa 700m hoch liegen. Sechs Kilometer südlicher, bei Hardt (H) noch einmal 60 Meter höher, immer etwa gleiche Tunnellänge vorausgesetzt. Weil die nach Osten fließenden Bäche kein starkes Gefälle haben, würde eine Tunnelverlängerung nicht viel an der Höhe über Meer ändern.

Diese vier denkbaren Pässe liegen in der Tat alle auf damals zu Württemberg gehörendem Gebiet. Sie überqueren nicht die Rhein- Donau- Wasserscheide, wie der Sommerau- Tunnel, sondern müssen nach einem mehr oder weniger langen Umweg aus dem Neckar- Einzugsgebiet zur Donau hinüberwechseln.
 

Probleme der Alternativstrecken

Der höchste Pass bei Hardt (H in Bild 2) ist von Villingen ohne Umwege mit der erlaubten Steigung zu erreichen. Um von Villingen allerdings nach Löchle (L) zu kommen, müsste die Trasse auch fast bis Hardt ansteigen. Erst ab Königsfeld könnte sie beginnen, die vielen Täler im oberen Bereich zu queren, wo sie nicht so tief eingeschnitten sind. Dieser Abschnitt mit geringer Steigung ließe sich auch bis zu den nördlicher gelegenen Pässen verlängern. In Bild 2 sind diese Varianten gepunktet und mit Fragezeichen versehen eingezeichnet.

Schon eine grobe Abschätzung der zur Überwindung des Höhenunterschiedes erforderlichen Streckenlängen zeigt aber für die Pässe bei Schramberg , dass es dort genauso schwierig ist, diese im Gelände unterzubringen, wie auf der Gutachtalstrecke bei Triberg. Dazu kommt noch, dass die Stadt Triberg dem Bau nicht im Weg war, während Schramberg im Zentrum des Tälerkreuzes dem Bahnbau nur die steilen Abhänge lässt. Andererseits will Schramberg natürlich auch einen Bahnhof haben. Zum Anlegen von Kehren ist das Gelände dort weniger gut geeignet, weil die Seitentäler kürzer und steiler als bei der Gutach sind. Die Kehren müssten bei Schramberg weitgehend in Tunneln verlaufen.

Sehen wir uns nun noch die nördlichen Pässe an! Der bei Rötenberg (R in Bild 2) bietet eine kürzere, billige Trasse, die aber für eine Fernstrecke weniger taugt. Selbst der niedrigste Pass, der Tunnel bei Betzweiler (B in Bild 2), könnte von Alpirsbach aus nicht direkt erreicht werden. Zur Trassenverlängerung dient eine Schleife im oberen Kinzigtal. Dieser für sich genommen optimale Pass hat uns weit nach Norden verschlagen. Der Bahnbau über das wellige Hochland bei Fluorn, Winzeln und Waldmössingen nach Dunningen (falls Sie die Trasse auf einer genaueren Karte verfolgen wollen) wäre zwar nicht besonders teuer geworden, aber dann folgt im südlichen Teil ein zerklüfteteres Gebiet, egal ob durchs Eschachtal nach Rottweil, oder auf einer Tal- oder Höhenstrecke nach Villingen. In Bild 2 ist die Talstrecke mit durchgezogener Linie eingezeichnet, die Höhenstrecke über Königsfeld gepunktet.

Randbemerkung 2: Wie eine Diagonale Stuttgart- Freiburg hätte verlaufen können.

Im Bild 2 ist links unten eine bei Hausach abzweigende Trasse durch einen Tunnel bei Oberprechtal und über Elzach nach Freiburg eingezeichnet. Diese nie realisierte Bahnstrecke hätte eine Nordost- Südwest- Diagonale von Stuttgart nach Freiburg vervollständigt. Diese hätte entweder durch einen Tunnel bei Betzweiler führen können, wie hier dargestellt. Aber natürlich auch über Freudenstadt und die von Stuttgart dorthin tatsächlich realisierten Strecken.

Auf der Ostseite des Tunnels bei Betzweiler sind in Bild 2 zwei von der Schwarzwaldbahn- Alternative abzweigende Strecken skizziert: Nach Horb am Neckar und nach Norden Richtung Freudenstadt. Ab 1866 konnte man von Horb über Tübingen, Reutlingen und Plochingen nach Stuttgart fahren. Die Städte Freudenstadt, Altensteig, Herrenberg und insbesondere Nagold fühlten sich benachteiligt, als der Bahnbau durch das Neckartal an ihnen vorbeizog. Auch sie wollten eine direkte Verbindung zur Landeshauptstadt. Dafür hätten sie weitaus bessere Realisierungschancen gehabt, wenn die nördlichste Variante der Schwarzwaldbahn auch von Württemberg favorisiert worden wäre. Denn so wäre die Diagonale Stuttgart- Freiburg wesentlich verkürzt worden

Um den Umweg über Reutlingen abzuschneiden, wurde etwa fünfzehn Jahre später die Strecke Stuttgart- Böblingen- Herrenberg- Horb gebaut. 1865 hätte man wahrscheinlich nicht so direkt der Luftlinie folgend geplant, sondern billiger die Strecke STUTTGART- WEIL DER STADT (in Betrieb seit 1868) verlängert. Herrenberg wäre aus topographischen Gründen wohl immer berührt worden. Von dort hätte man dann vielleicht versucht, zu einem hoch über Nagold an der Straße nach Mötzingen liegenden Bahnhof und dann weiter über die Hochfläche nach Dornstetten/ Schopfloch zu trassieren (im Bild 2 am oberen Rand). Dort wäre eine 8km lange Stichstrecke nach Freudenstadt abgezweigt.


Bild 3: Bis 1865 in Baden, Württemberg und der Schweiz fertiggestellte Bahnstrecken (blaue Jahreszahlen). Gepunktet mit violetten Jahreszahlen: 1865 schon geplant oder angedacht, mit Jahreszahlen der tatsächlichen Fertigstellung.



Bewertung der Alternativen

Die Aufgabe lautete, eine Bahnstrecke vom Rheintal zum Bodensee nach Konstanz zu bauen, und dabei natürlich möglichst viele badische Städte zu bedienen, insbesondere Villingen und Donaueschingen. Wenn die Ingenieure hätten beweisen können, dass das am billigsten über württembergisches Gebiet zu realisieren sei, wäre es sicher auch so gebaut worden. Denn Baden und Württemberg waren zwar Konkurrenten, aber nicht verfeindet. Zu der Zeit gab es im deutschsprachigen Raum an vielen Stellen grenzüberschreitende Projekte. Aber wie ich zu beweisen versucht habe, wären alle Alternatvstrecken, die Villingen einbezogen, teurer oder zumindest nicht deutlich billiger geworden.

Wenn die Bewertung nicht allein aus badischer Sicht erfolgt wäre, hätte das Ergebnis auch anders aussehen können. Zum Schluss sei mir deshalb erlaubt, zu spekulieren, welche Verbindungen damals geschaffen worden wären, wenn die politischen Rahmenbedingungen anders gewesen wären, oder Baden, Württemberg und die Schweiz noch vorausschauender eine gemeinsame Fernstrecken- Planung betrieben hätten. Bild 3 zeigt, von welchem fertiggestellten Netz und von welchen parallelen Planungen man im Jahr 1865 ausgehen musste. Weil mit dem Bau der Bahn im oberen Neckartal von Horb nach Süden noch nicht begonnen worden war, hätte sich die Planung auch darauf auswirken können.

Weil damals nur Durchschnitts- Geschwindigkeiten zwischen 20 und 40 km/h erreicht wurden, waren direkte Verbindungen wichtiger als heute. Zur Fahrzeitreduktion im Fernverkehr wurden in regelmässigen Abständen Diagonalstrecken in dem sonst im wesentlichen nord-südlich und ost-westlich ausgerichteten Netz Süddeutschlands benötigt. Die Schwarzwaldbahn ist eine solche Diagonale von Nordwest nach Südost.

Es fehlt das Gegenstück dazu, weil Württemberg keinen Bedarf an einer Verbindung von Stuttgart nach Südbaden und Basel sah. Hinter dem Rhein war der damalige Feind Frankreich. Hätte es, wie in Paris, auch in Deutschland 1865 schon eine zentralistische Bahnpolitik gegeben, wäre allein schon aus strategischen Gründen eine solche Radialstrecke aus dem Landesinneren zur Grenzregion gefordert worden. Ohne diesen Druck kam die Diagonale von Stuttgart nach Nordosten (nach Nürnberg) erst spät und halbherzig, die Diagonale nach Südwesten überhaupt nicht. Heute würden sich die Stuttgarter freuen, wenn eine solche Strecke die Fahrt in den sonnigen Süden um eine Stunde verkürzen würde.

Bei einer länderübergreifenden Planung hätte man versucht, das teuerste Streckenstück, nämlich den Passtunnel, für beide Diagonalen zu nutzen. Auch eine neue Ost- West Verbindung Reutlingen- Tübingen- Horb- Hausach- Offenburg wäre hinzugekommen. Für den, der Spaß an solchen unnützen Spekulationen hat, habe ich das Thema noch etwas vertieft, traue mich aber fast nicht, darauf hinzuweisen:
Fernbahnen im Südwesten- Es kam anders

Zusammenfassung:
Die nördliche Varante der Schwarzwaldbahn wäre also als reine Alternative für die Triberger Tasse uninteressant gewesen, hätte aber als Bestandteil eines größeren Netzes Sinn gemacht.

Wenn man sich eine Landkarte vornimmt, kann man überall spekulieren, wo man eine bessere Trasse gefunden hätte, wenn... Aber das bringt nichts, genug davon! Freuen wir uns einfach, dass die Schwarzwaldbahn durch die herrlichen Triberger Täler verläuft!

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